Mein Großvater Benjamin war ein ganz besonderer Mensch. Er wurde als Sohn einer armen, kinderreichen Familie in St Gilles geboren. Im Alter von 6 Jahren adoptierte ihn sein Onkel François Houyère. Er war Seefahrer und liebt das Meer. Seine Geschichten brachten Benjamin zum Träumen. Mit 12 war mein Großvater Schiffsjunge an Bord der Elisa und träumte davon, Schiffsbauer in der Werft des Vaters seines besten Freundes zu werden. 1878 absolvierte er seinen Militärdienst in Rochefort und verwirklichte dort seinen Traum. Er wurde Schiffsbauer.
Geschichte
Wir sind eine der ältesten Schiffswerften der Welt, die mehrheitlich in Familienbesitz ist.
Annette ROUX
1884
1928
UNSERE ELTERN
Nach dem Ende des 1. Weltkriegs nahm die Werft 1928 ihre Arbeit wieder auf. Mit dem verwaisten André Beneteau übernimmt der einzige Sohn von Benjamin das Unternehmen.
Für die Einwohner von St-Gilles-Croix-de-Vie war der Tod von Benjamin gleichbedeutend mit dem Ende der Werft. Unser Vater hatte vielleicht nicht die starke Persönlichkeit unseres Großvaters, er galt eher als der "Schweigsame" (wie man es auch einem unserer großen Seefahrer nachsagt), aber Papa war ein begnadeter Zeichner.
1962-1964
ÜBERGANGSJAHRE
Beim Rückblick auf diese Jahre empfinde ich unterschiedliche Gefühle. Es wird ganz still: Die Arbeiter pfeifen nicht mehr so oft, unsere Eltern werden ruhiger, die Kunden weniger, die Besuch des Bankdirektors häufiger. Mit dem Rückgang des Fischfangs erleben wir den Anfang vom Ende dieses wunderbaren Metiers des Schiffsbaus.
1964
VORBOTEN DER FREIZEITSCHIFFFAHRT
Viele nannten es Glück. Ich sehe es mehr als einen Wink des Schicksals. Als ich jenen Mann traf, der später mein Ehemann werden sollte, begann ich zu verstehen was nicht funktionierte, ich verstand den Ernst der Lage. Ich bin noch keine 22 Jahre alt, ich bin eine Frau und in den 1960er Jahren sind "Geschäftsfrauen" eher selten und auch nicht besonders anerkannt, obwohl in unserem handwerklichen Umfeld die Ehefrau oft die Chefin war.
1965-1972
ERSTE MODELLSERIE
Januar 1965 : Unsere erste Bootsmesse in Paris. Die Nerven liegen blank. Keines der anderen Boote sieht so aus wie unsere Boote. Für uns ist Paris unbekanntes Terrain und wir fühlen uns hier fehl am Platz. Aber schon bald nach der Eröffnung besuchen uns drei Geschäftsmänner auf unserem Stand. „Ihre Boote sind genau das, was unsere Kunden suchen. Kein Hersteller will solche Boote bauten“, erklären sie uns. Nun will der eine die Vertretung für das Morbihan, der zweite für das Finistère und der dritte will uns in der Region Côtes du Nord vertreten. Ihre Bestellungen bedeuten mehrere Monate Arbeit für unsere Belegschaft. Nach 2 Minuten Diskussion mit meinem Mann über den Vertrieb ist die Sache klar: Wir bauen ein Vertriebsnetz auf. Das gab damals noch nicht - Jeanneau ausgenommen.
1972
ERSTE INVESTITIONEN
1972 sollte ein tolles Jahr werden! Die Bilanzen waren ausgeglichen, wir wollten investieren. Zunächst in die Belegschaft, dann in eine Fertigungsanlage, bescheiden zwar, aber dennoch für eine halbindustrielle Produktion ausgelegt.
Wir wollten unsere Angelboote weiterentwickeln. Die Kunden hatten segeln gelernt, sie wollten größere Boote, mehr Komfort an Bord und sie wollten das Meer vom Salon aus sehen.
1976
ENTSCHEIDUNGSJAHR
Zu dieser Zeit hat BENETEAU einen hohen Marktanteil bei den Angelbooten, tausende Kunden fahren mit unseren Booten, aber einige verlassen uns auch, weil sie schneller unterwegs sein wollen. Der große Regatta-Segler François träumt von einem leistungsfähigen Boot. André will es entwerfen, aber wir wissen, dass es auf diesem Gebiet Konstrukteure mit anderen Erfahrungen gibt. Wie also an die Sache herangehen? Wie erklären, dass ein Schiff aus dem Haus Beneteau diesmal nicht von einem Konstrukteur aus dem Haus BENETEAU gezeichnet ist? Das Glück ist uns hold: Man bietet uns die Formen der L´Impensable an. Sie wurde als Siegerschiff konzipiert und hat mit dem Sieg des Half Ton Cups ihr Versprechen auch gehalten. Gemeinsam mit André Mauric haben wir den Segelplan geändert, den Kiel umgearbeitet, die Innenausstattung, das Deckshaus. Wir haben sie First genannt. Niemand hat das von uns erwartet. Wir präsentieren die First auf der Pariser Bootsmesse. Sie ist einfach umwerfend. Heute hat die First Modellserie Kultstatus. Und mit der First haben wir die Türen zum Export aufgestoßen.
1980
AUFSCHWUNG
Das Motorbootteam beauftragt Christ Van Der Velden mit dem Bau eines Katamarans. Er gewinnt mit diesem Boot für Beneteau die "6 heures de Paris." Ich erinnere mich noch gut an die Gesichter unserer Freunde und der Branchenkollegen von damals. Wie konnten wir nur diese Regatta gewinnen, wir die Segler, die von Motoren keine Ahnung hatten? Das war aber noch nicht alles. In der Folge entstand die Flyer-Serie und wir präsentierten die ersten Modelle auf der Bootsmesse in Paris.
1981-1986
ARBEITSREICHE JAHRE
Dieses Jahrzehnt wird wegweisend für uns. Seit den 1970er Jahren haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten in den Export investiert, haben vor allem in Europa ein Netz aus Vertriebspartnern und Importeuren aufgebaut. Die erste Niederlassung in den USA eröffneten wir im Jahr 1976 in Annapolis. Ein erster Schritt zur Etablierung unserer Marke, eine erste Präsenz vor Ort die uns half, die Vorlieben und Wünsche der amerikanischen Konsumenten besser zu verstehen.
1989
JAHR DER FIGARO KLASSE
Der Segelsport liegt uns nach wie vor sehr am Herzen und 1989 wird zum Geburtsjahr der Figaro Klasse. Die Solitaire du Figaro – früher Course de l´Aurore – ist eine Regatta, die traditionell auf Prototypen gesegelt wird. Nun wurde der Umstieg auf baugleiche Boote beschlossen. Die Solitaire du Figaro ohne BENETEAU Beteiligung ist undenkbar, sind wir doch seit der ersten First mit dieser Regatta eng verbunden. Michel Malinovsky gewann mit unserer ersten First diese Regatta und legte damit den Grundstein für ihren Erfolg.
1990
KREATIVITÄT
Während sich die erste weltweite Krise auf dem Gebiet der Freizeitschifffahrt am Horizont abzeichnet, gehen bei uns die Arbeiten am Design der First weiter. Ein Gespräch auf der Pariser Bootsmesse mit einem unserem treuen italienischen Kunden macht uns hellhörig. Dieser Kunde, ein renommierter Designer bei Pinifarina, sagt zu uns: „Hört auf zu träumen, die Boote sind doch alle gleich.“ Er spricht mit uns über die Weiterentwicklung der Formen, vor allem im Automobilbereich, und findet unsere Decks zu eckig.
1991-2001
IN DER KRISE ZUSAMMENHALTEN, SICH ERINNERN UND WACHSEN
1991, gefangen in der globalen Krise, kämpften alle Mitbewerber mit den gleichen Waffen. Wie soll man eine Krise meistern, wenn man keine Orientierungspunkte hat? Einige gingen mathematisch an die Sache heran und richteten ihr Unternehmen zugrunde, andere entschlossen sich zu einer menschlicheren Herangehensweise und ernteten dafür Kritik und Skepsis. Wieder andere mussten kapitulieren…
Wir haben in der Krise zusammengehalten und so die Herausforderung bewältigt. Unsere Mitarbeiter vertrauten uns, wir kannten ihren gesunden Menschenverstand und wussten, dass wir uns auf sie verlassen konnten. Dinge infrage stellen, Probleme erkennen, Umstrukturieren, diese einschneidenden Schritte waren hart.
2003-2014
ÜBERGEBEN UND DANKEN
In der Krise haben wir uns verändert. Aus der Beneteau Werft wird die BENETEAU Gruppe. Schon bald stellt sich die Frage nach dem Firmensitz. Wir entscheiden uns für St-Gilles-Croix-de-Vie und übernehmen das Restaurant Les Embruns gleich gegenüber der Hafeneinfahrt. An diesem Ort waren so viele Geschäfte abgeschlossen worden und hier, gegenüber der Mole, hatte uns unser Vater als Kinder zur Vorstellung seines letzten Fischkutters mitgenommen.
2004. Alles läuft gut, unser Wachstum ist spektakulär. Wir bauen neue Fabriken und modernisieren die bestehenden Fertigungsanlagen. Federführend dabei sind Yvon Beneteau und das Ingenieurbüro Béri. Wir gewinnen Markanteile und sind nun nicht mehr der kleine Familienbetrieb. Für mich persönlich sind die 40 Jahre im Unternehmen wie im Flug vergangen. Meine Aufgabe ist es nun, die Zukunft vorzubereiten.